Hellweger Anzeiger vom
15.11.2014 |
Stadt soll Veto zur Landesstelle zurücknehmen
Unna Die Haltung der Stadt zur Nutzung der Landesstelle spaltet die Politik. Die
Gründen fordern jetzt, einen Ratsbeschluss gegen den Betrieb der Unterkunft zurückzunehmen - und ernten dafür harsche Kritik.
Die Eindrücke vom Besuch in der Flüchtlingsunterkunft Mitte dieser Woche wirken bei den Grünen erkennbar nach. Die Fraktionsvorsitzende Charlotte Kunert hat nun einen
umfangreichen Antrag an den Bürgermeister geschickt, um die Situation der Landesstelle komplett neu zu ordnen und zu bewerten. Erster Punkt ihrer Forderung: "Der Ratsbeschluss, eine Nutzung ohne
Flüchtlinge in der ehemaligen Landesstelle in Massen gegen das Land einzuklagen, wird aufgehoben". Die Grünen möchten ein Zukunftskonzept für das Areal entwickeln - mit einem Nebeneinander von
Hochschule und Flüchtlingsunterkunft. Der politische Mitbewerber sieht das kritisch.
Der Skandal geht weiter: Die ehemalige Landesstelle Unna-Massen
- eine mit Steuergeldern gebaute Musterwohnanlage gebaut für 4000 Asylsuchende, soll nach dem Willen der Stadt Unna wieder leer stehen und dem Verfall ausgesetzt werden. Zur Zeit werden vom Roten
Kreuz dort zwischen 4-600 Flüchtlinge erstversorgt. Die vollkommen intakten Wohnhäuser in einer parkähnlichen Anlage mit Spielplätzen, sollen nach dem jetzt erlassenen
Gerichtsurteil geräumt werden. Hintergrund ist ein provinziell anmutender Streit zwischen dem Bürgermeister der Kleinstadt Unna am östlichsten Rand des Ruhrgebiets und Protagonisten im NRW
Innenministerium sowie der Bezirksregierung Arnsberg. Die Stadt Unna hofft auf die seit Jahren erwarteten Investitionen einer privaten Fernuniversität aus dem bayrischen Erding in weitere Gebäude der
früheren Landesstelle. Die Privatuniversität konnte bereits ehemalige Verwaltungsgebäude zu einem nicht öffentlich zugänglichen Preis von der Stadt Unna erwerben. Die Besitz- und Nutzungsverhältnisse
an denen Stadt, Land und Bund beteiligt sind, sind nicht mehr durchschaubar. Fakt ist der zweifelhafte und sittenwidrige Umgang mit öffentlichem Eigentum. Unsere für den WDR - Red. Hier + Heute
erstellte 30-minütige Doku "Platz ist da", sowie zwei mit Unterstützung der Filmstiftung NW entstandenen Kurzfilme sind wieder brandaktuell und können bei uns bestellt werden. (DVD 60 Minuten) In dem
Beitrag kommt u.a. der ehemalige Leiter der Landesstelle Siegfried Pogadl zu Wort. Er setzt sich für eine weitere Unterbringung von Flüchtlingen in den vielen noch leerstehenden und zum Teil erst in
den 90er Jahren errichteten baulich hochwertigen Wohnanlagen ein. Doch ohne öffentlichen Protest wird - wie bereits in den letzten 5 Jahren, die riesige Wohnsiedlung, vom Land NRW und der
Bundesrepublik gebaut für Flüchtlinge, bald wieder leer stehen und zur Geisterstadt. Der von der Stadt Unna erwirkte Gerichtsbeschluss richtet sich de facto gegen die Not der angrenzenden
Ruhrgebietsstädte Flüchtlinge unterbringen zu müssen. Der mögliche Spielraum, den Menschen in Not - viele davon aus den Bürgerkriegsgebiet Syrien geflohene Menschen; das Gespür diesen Flüchtlingen
dort wo es naheliegt eine menschengerechte Bleibe zu geben, scheint den Verantwortlichen Unna's verloren gegangen zu sein. Um so bedauerlich ist das absurd und skurril anmutende Urteil welches
besagt, dass die Unterbringung der Flüchtlinge rechtswidrig sei, da die Stadt das Gelände planerisch als Wohngebiet ausgewiesen habe. Dass dort zur Zeit Asylsuchende wohnen scheint nicht der Rede
wert. Wie sehr man sich in der Provinz im Dschungel der Paragraphen verrennen kann lässt erschrecken ob des Wahnsinns einer selbstherrlichen Bürokratie die immun geworden scheint gegenüber
öffentlicher Kontrolle. Um die Dimensionen des Ganzen zu verstehen kann ich nur raten Unna-Massen einen Besuch abzustatten: Platz wäre ausreichend da für weitere Flüchtlingen - so berichten auch
frühere Mitglieder der Diakonie, die vor Ort einstmals die vielen Flüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien betreut haben. (Horst Herz, Dokumentarfilmer)